Die Geschichte der Nachentwicklung – Luftfahrthistorische Archäologie
Die Anfänge der Nachentwicklung
Da die Recherche nach Konstruktionszeichnungen der Do X sehr dürftig ausgefallen war, es wurden lediglich ein paar Übersichts- und Kabinenzeichnungen gefunden, wurde der Entschluss gefasst, die Herausforderung einer Nachkonstruktion anzugehen.
Dies war allerdings leichter gesagt als getan, den der Initiator des Projekts, Peter Kielhorn, hatte weder Kenntnisse in der Konstruktion von komplexen Maschinen, noch besaß er eine entsprechende CAD Infrastruktur. Außerdem war der Initiator nicht in der Lage eine nicht unbeträchtliche Anzahl an professionellen Konstrukteuren zu finanzieren.
Wenn also eine Nachkonstruktion der Do X durchgeführt werden soll, diese aber nichts oder nur sehr wenig kosten darf, dann war das Ansinnen eigentlich aussichtslos.
Aber wo ein Wille ist, da ist letztlich auch ein Weg. Und dieser Weg führte zu den Dualen Hochschulen des Landes Baden-Württemberg. Die Kooperation mit den Dualen Hochschulen begann 2014 zunächst mit der DHBW Ravensburg, Campus Friedrichshafen. Ab 2018 beteiligten sich auch die Dualen Hochschulen Lörrach und Mosbach an der Nachkonstruktion der Do X.
Do X Vision – Die Vorgehensweise für die Nachkonstruktion der Maschine
Da keine Bauzeichnungen für den Nachbau der Do X vorhanden sind, war es zunächst notwendig die konstruktiven Grundlagen für den Nachbau im Rahmen einer Nachkonstruktion zu erarbeiten.
Die Vorgehensweise für die Nachkonstruktion orientierte sich im Wesentlichen an den vorhandenen Informationsmaterialien (Bilder und Zeichnungen). Als erstes sollte aus dem vorhanden Bildern und Zeichnungen der Strak, also die Hülle des Flugschiffs, erarbeitet werden. Diese Phase der Strakerstellung ist abgeschlossen.
In einer zweiten Stufe sollte für alle strukturellen Elemente der Maschine hinsichtlich Rumpf, Tragwerk und Leitwerk eine Vorkonstruktion durchgeführt werden. Diese Phase ist zu 95% abgeschlossen.
Die dritte und finale Stufe der Nachkonstruktion ist die detaillierte Rekonstruktion (Detailkonstruktion) aller strukturellen Baukomponenten. In dieser Phase wurden und werden noch heute die Zeichnungsätze und Teilelisten für den Nachbau erstellt
Mit den ersten Ergebnissen der Detailkonstruktion kann die vierte Stufe, der Nachbau der Do X, begonnen werden.
Stufe 1 Strakerzeugung
Um die äußere Hülle der Do X möglichst realistisch zu modellieren wurden eine Vielzahl von unterschiedlichsten Informationen in einem CAD System zueinander in Relation gesetzt. Diese Informationen waren Originalzeichnungen mit Dreiseitenansichten der Do X, Innenansichten sowie hochauflösende Bilder von Spanten und Strukturkomponenten aus der Bauphase des Flugschiffs.
Durch das elektronische Nachziehen der Konturen formten sich Stück für Stück die Stützpunkte des Straks des Flugschiffs. Die Stützpunkte wurden zu Flächen verbunden und ergaben so den fertigen Strak des Rumpfs.
Beim Tragwerk wurde in ähnlicher Weise verfahren. Er wurden allerdings zusätzliche Informationen hinsichtlich des Tragflächenprofils aus dem entsprechenden Göttinger Profil herangezogen.
Stufe 2 Die Strukturelle Vorkonstruktion
Die Vorkonstruktion betrifft alle strukturellen Bauteile der Do X, also Spanten, Holme, Rippen, Träger und andere größere Strukturteile.
Für die Vorkonstruktion wurde auf den erzeugten Strak und Do X Bilder aus der Bauphase zurückgegriffen. Hinzu kam eine Information der Spantabstände und wichtige Maße vom Tragwerk und Leitwerk.
Vorkonstruktion bedeutet alle strukturellen Komponenten der Do X als grobe Konstruktionselemente zu erstellen. Das bedeutet, die Komponenten sind weitestgehend lediglich als grobe Vierkantprofile realisiert. Eine Verfeinerung in die endgültigen A-, L- und U-Profile war in dieser Phase nicht gefordert. Allerdings mussten die Spante, Holme und Träger von der Struktur und Schmiege, daß ist die äußere Abschrägung der Spante zur Anlehnung an die Form des Straks, her annähernd korrekt sein.
Im Rahmen der Vorkonstruktion wurden auch die Propeller, die Motorgondeln und der Curtiss Conquer Motor konstruiert. Diese Konstruktionen sind allerdings schon recht detailliert ausgeführt und könnten daher eigentlich zur Phase der Detailkonstruktion gehören.
Die Propeller wurden im Rahmen einer Reverse Engineering Arbeit per Laser Scanner erfaßt. Für die Laser-technische Erfassung wurde und freundlicherweise vom Fliegermuseum Altenrhein ein originaler Do X Propeller zur Verfügung gestellt.
Die erfassten Pixeldaten wurden weiter verarbeitet und in ein CAD Datenformat umgewandelt.
Der Curtiss Motor wurde auf der Basis des Handbuchs für den Motor konstruiert. Wir danken der Wright State University, Dayton, USA für die Bereitstellung des Motor-Handbuchs.
Stufe 3 Die Detailkonstruktion
In der dritten Stufe der Nachkonstruktion wurden und werden die endgültigen Pläne und Teilelisten erstellt, die es ermöglichen die Do X wieder Realität werden zu lassen.
Die Basis für die Detailkonstruktion ist die Vorkonstruktion, der Strak und das Bild der entsprechenden Komponente. Als zusätzliche Basis für die Detailkonstruktion diente ein Dornier Profilbuch, in welchem alle nutzbaren Profile mit Maßen angegeben sind. Für einige Elemente, zum Beispiel aktuell für den Mittellängsträger oder zukünftig für das Tragwerk, wurde auf Standardprofile zurückgegriffen, die im Fachhandel erhältlich sind.
Zu Beginn der Detailkonstruktion wurde das Bild der Komponente eingehend auf die zu verwendenden Profile und deren Maße analysiert. Anschließend wurden mit Hilfe des Dornier Profilbuchs die zu verwendenden Profile (A, U oder L) festgelegt.
Damit der Übergang von der Vorkonstruktion, wo die Bauelemente recht grob ausgelegt sind, zur Detailkonstruktion, bei welchen die finalen Leichtbauprofile verwendet werden, die wesentlichen Maße eingehalten werden, waren noch zusätzliche Vorgaben einzuhalten. Maßgeblich waren:
- Die Außenkante der Vorkonstruktion
- Die Schmiege an den Strak
- Die Oberkante der Kabinenebene
- Die Oberkante der Cockpitebene und
- Die Maße der Aussparung für den Mittellängsträger
Mittels dieser Vorgaben (Profildefinition und Rahmenvorgaben) konnte/kann die Detailkonstruktion durchgeführt werden.
Im August 2020 waren 24 Spante des Rumpfs im Detail konstruiert. Das heißt es existieren seit über 75 Jahren wieder detaillierte Pläne für einen möglichen Nachbau der Do X.
Der Nachbau der Do X, beginnend mit dem Vorschiff, kann beginnen!
Im August 2021 werden 56 Spante des Rumpfs und der Mittellängsträger im Detail konstruiert sein. Das heißt fast der gesamte Rumpf des Flugschiffs könnte gebaut werden.